Vom Malbec zum Malbeck
In seiner
Heimat, in Frankreich, ist die grosse Zeit des Malbec, auch Côt, Auxerrois oder
Noir de Pessac genannt, längst passé.
In Bordeaux, wo er früher vor allem in Saint-Emilion äusserst populär war, haben
die meisten Güter diese Sorte praktisch ausgemerzt und durch Sorten ersetzt,
die weniger anfällig sind auf Frost, Falschen Mehltau und Fäulnis und deren Wein
mehr Eleganz verspricht.
Aus Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot ist heute ein guter Bordeaux
komponiert, der Malbec dagegen wird nur noch da und dort in Kleinstmengen
beigegeben.
Auch an der Loire ist der schwierige Geselle mehr und mehr von Cabernet
Sauvignon und Cabernet Franc verdrängt worden.
Als letztes Hoheitsgebiet ist ihm, der früher unter nahezu 400 verschiedenen
Bezeichnungen in 30 Départements angebaut wurde, lediglich das Cahors im
Südwesten des Landes geblieben.
Auf mageren, hochgelegenen Kalksteinböden ergibt er hier dichte und
vollkonzentrierte Weine, die nicht ohne Grund auch «der schwarze Wein von Cahors»
genannt werden.
In Frankreich ist der Malbec bloss noch eine unter unzähligen regionalen
Spezialitäten.
Und wer heute von Malbec spricht, meint eigentlich eher Malbeck.
Denn so wird diese Sorte in jenem Land genannt, das ihr in den letzten
Jahrzehnten mehr und mehr zur neuen Heimat geworden ist: in Argentinien.
Der Malbec ist ein eindrückliches Beispiel dafür, dass es durchaus Rebsorten
gibt, die in der Neuen Welt besser gedeihen als an ihrem Herkunftsort.
Im warmen und trockenen Klima am Fuss der Anden scheinen die Gebrechen des
Malbec wie weggewischt, hier erst scheint er sein ganzes Potential zu entfalten.
Im grössten Weinbaugebiet Argentiniens, in Mendoza, gibt es noch einen echten
Frühling.
Die Vegetationszeit ist relativ lang, und die Temperaturen sind ziemlich
konstant bei 18,5 Grad.
Dies sorgt dafür, dass der Malbec nicht wie in Frankreich oft verrieselt. Die
Hitze des Sommers und der meist milde Herbst wiederum kommen seiner langen
Reifezeit entgegen und lassen die bei dieser Rebsorte oft etwas harten Tannine
weicher werden.
Da es in Mendoza ausserdem sehr trocken ist, gibt es hier kaum Krankheiten und
selten Fäulnis.
Nur 1998 war alles anders, als «El Niño» das Wetter verrückt spielen liess und
den Winzern den mit Abstand schlechtesten Jahrgang des Jahrzehnts bescherte.
In Argentinien ist der Malbeck mittlerweile die am zweithäufigsten angebaute
Rotweinsorte, und die Weine von dieser Sorte gehören zweifellos zu den
interessantesten Gewächsen, die aus dem fünftgrössten Weinbauland exportiert
werden.
Das Angebot reicht von eher günstigen Weinen für den schnellen Konsum bis zu
einzigartigen Spitzengewächsen, mächtig wie ein argentinisches Steak und
sinnlich und heissblütig wie ein Tango.
Ein grosser Malbeck, etwa von Weinert oder von Luigi Bosca, ist dunkel und tief
in der Farbe und hat ein Bouquet von Beeren und Gewürzen,
manchmal auch von Honig, Kirschenkonfitüre und Schokolade.
Dass ein solcher Spitzenwein durchaus wie ein grosser Bordeaux mehrere
Jahrzehnte lagern kann, zeigt der phänomenale Estrella Malbeck 1977,
der - nomen est omen - eine der ersten grossen Sternstunden des
lateinamerikanischen Weinbaus markiert.
Andreas Heller
Bezugsquelle: Casa de Vinos Argentinos, Mottastrasse 20,
3005 Bern. Tel. (031) 352 92 32, Fax (031) 352 46 59.
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